
Mobiltelefon verändert messbar die Gehirnaktivität
Ist das Mobiltelefon biologisch unbedenklich?
Das Mobiltelefon ist heute ein Bestandteil des täglichen Lebens. Wir tragen es in der Tasche, halten es ans Ohr, legen es unter das Kopfkissen, geben es den Kindern in die Hand. Wir nutzen es zur Kommunikation, Unterhaltung, Arbeit und zur Steuerung der Aufmerksamkeit. Es ist ein Gerät, das nach dem Prinzip funktioniert radiofrequenzübertragung im Mikrowellenbereich – und doch fragen wir selten, was das biologisch bedeutet.
• Ist die Radiofrequenzstrahlung von Mobiltelefonen physikalisch und biologisch neutral?
• Wie reagiert der Körper, wenn er täglich einem niederfrequenten, aber dauerhaften elektromagnetischen Feld in unmittelbarer Nähe des Gehirns ausgesetzt ist?
• Kann regelmäßige Exposition die Entwicklung beeinflussen deines kindlichen Gehirns, der sich in der Phase der schnellen Plastizität befindet?
• Wie reagiert nichtlineares System, wie empfindlich das menschliche Gehirn auf scheinbar „kleine" Reize reagiert?
Öffentliche Wahrnehmung basiert oft auf der Annahme, dass „wenn es schädlich wäre, würden wir es wissen“. Aber wissenschaftliches Wissen entwickelt sich rückblickend – die Folgen treten oft erst nach Jahrzehnten massiver Nutzung auf. Radiofrequenzfelder bilden da keine Ausnahme. Es gibt bereits Beweise für ihre physiologischen Wirkungen – und es werden immer mehr.
Was hat das Experiment gezeigt?
Im Jahr 2009 führte ein Team amerikanischer Forscher eine Studie mit 47 gesunden Erwachsenen durch, die in der Zeitschrift veröffentlicht wurde JAMA (Journal of the American Medical Association). Das Ziel war herauszufinden, ob ein aktives Mobiltelefon, das an den Kopf gehalten wird, die Gehirnaktivität beeinflusst.
Vorgehensweise:
• Erster Tag: Beide beiliegenden Telefone waren ausgeschaltet.
• Zweiter Tag: Ein Telefon war aktiv – es fand ein Anruf mit gedämpftem Ton statt (der Teilnehmer wusste nicht, welches).
• Nach 50 Minuten wurde die Gehirnaktivität gemessen mittels PET (Positronen-Emissions-Tomographie), die den Glukosestoffwechsel in einzelnen Hirnregionen darstellt.
Ergebnis:
Es ist zu statistisch signifikante Steigerung des Stoffwechsels im Bereich des orbitofrontalen Kortex (am nächsten zur Telefonantenne) um etwa 7 %.
Wie interpretiert man 7 %?
Aus der Sicht des linearen Denkens mag 7 % wie eine unbedeutende Abweichung erscheinen. In der Biologie kann jedoch keine lineare Skala angewendet werden. Das Gehirn ist ein hochgradig nichtlineares, sensibles und dynamisch vernetztes System.
Das bedeutet:
• Kleine lokale Änderungen können die Synchronisation neuronaler Netze stören, die elektrische Aktivität beeinflussen und Rückkopplungs-Regelkreise stören.
• Die orbitofrontale Rinde ist ein zentrales Steuerungszentrum für Entscheidungsfindung, Selbstkontrolle, Sozialverhalten und Planung.
• Wenn dieser Bereich wiederholt stimuliert wird, kann sich seine funktionale Organisation und langfristige Ausrichtung.
Nichte lineare Systeme reagieren auf wiederholte oder rhythmisch wiederkehrende Reize akkumulativ. Und eine scheinbar kleine Änderung des Eingangs kann so zu qualitativen Übergang in einen neuen Zustand (z. B. eine Verschiebung in der Verhaltensregulation).
Was bedeutet das für den normalen Gebrauch?
Telefonieren mit dem an den Kopf gehaltenen Gerät für 50 Minuten verursachte eine messbare Veränderung der Stoffwechselaktivität im Gehirn. Nutzer von Mobiltelefonen erleben diese Situation wiederholen sich täglich, oft sogar mehrmals.
Daraus folgt:
• Das Gehirn ist kein passives Organ. Es ist ein adaptives System, das reagiert strukturell und funktionell auf äußere Reize.
• Wiederholte Einwirkung eines Feldes auf einen bestimmten Bereich kann die neuronale Plastizität verändern und bestimmte Schaltkreise verstärken.
• Langzeitbelastung deshalb muss nicht neutral sein – insbesondere im Bereich der für die kognitive Kontrolle und soziale Regulierung zuständigen Bereiche.
Kinder: höhere Absorption, höheres Risiko
Kinder-Schädel ist dünner, das Gehirn hat einen höheren Wassergehalt – also höher dielektrische Konstante. Elektromagnetische Wellen dringen so tiefer ein und werden in einem größeren Gewebevolumen absorbiert.
Studien zeigen, dass Kinderhirn verbraucht bis zu doppelt so viel Energie im Vergleich zum Gehirn eines Erwachsenen.
Aus der Sicht der Entwicklung des ZNS ist wesentlich:
• Die Neuroplastizität in der Kindheit ist deutlich höher – das Gehirn wird entsprechend den Eingangssignalen geformt.
• Die Exposition gegenüber dem Radiofrequenzfeld betrifft nicht nur den Kopf – die Strahlung wirkt auch auf hypothalamisch-hypophysäre Achse, also das zentrale regulatorische Entwicklungszentrum.
Langfristige Folgen der Exposition während der Entwicklung nicht bekannt, aber Aus physikalischer und biophysikalischer Sicht besteht ein Grund zur Vorsicht.
Was wissen wir über weitere Wirkungen?
Schlaf
Radiofrequenzstrahlung beeinflusst produktion von Melatonin, und dadurch kann die Schlafqualität, das Einschlafen sowie die Schlafzyklen beeinträchtigt werden.
Aufmerksamkeit und Gedächtnis
Nach der Exposition gegenüber dem mobilen Gerät kommt es zu einem Rückgang konzentration a kurzzeitige Arbeitsgedächtnisse, was wiederholt bei Kindern und Erwachsenen gemessen wurde.
Behaviorale Regulierung
Die Stimulation des orbitofrontalen Kortex kann langfristig beeinflussen Impulsivität, Selbstkontrolle und Planungsfähigkeit.
Tumoren
IARC (Internationale Agentur für Krebsforschung) klassifiziert Radiofrequenzstrahlung als möglicher Karzinogen (Gruppe 2B). Das bedeutet, dass existiert eine biologische Plausibilität und epidemiologische Signale, die eine weitere Überwachung erfordern.
Fazit: Was wir mit Sicherheit wissen
• Gehirn reagiert physiologisch auf die Strahlung von Mobiltelefonen.
• Dieser Effekt ist messbar, lokalisiert und wiederholbar.
• Biologische Systeme – insbesondere das Gehirn – funktionieren nicht linear.
• Auch ein relativ kleiner Reiz kann verursachen Systemänderung, wenn es empfindliche Regulationsknotenpunkte trifft.
Die Veränderung des Stoffwechsels um 7 % im orbitofrontalen Kortex ist keine triviale Angabe. In der Welt der elektrisch und lichtgesteuerten Neurophysik bedeutet das, dass das Gehirn hat seinen Arbeitsstatus geändert unter dem Einfluss eines externen Signals.
Langfristige Folgen wiederholter Exposition sind bisher nicht bekannt. Aber der wissenschaftliche Rahmen sagt klar: biologische Neutralität kann bei Radiofrequenzfeldern nicht angenommen werden.
Technische Zusammenfassung der Studie:
• Anzahl der Teilnehmer: 47 gesunde Erwachsene
• Studientyp: doppelt verblindet, kontrolliert
• Ausstellung: 50 Minuten mit einem aktiven Telefon am Ohr
• Messmethode: PET – Messung des Glukosestoffwechsels
• Ergebnis: +7 % im Bereich des orbitofrontalen Kortex
• Publikation: Journal of the American Medical Association (2011)
• Autoren: Dr. Nora Volkow und Mitarbeiter, Brookhaven National Laboratory
Volkow ND, et al. Auswirkungen der Exposition gegenüber Mobiltelefon-Radiofrequenzsignalen auf den Glukosestoffwechsel im Gehirn. JAMA. 2011;305(8):808–813.
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